Alex Frei und der FC Basel – Viel Potenzial, wenige Ergebnisse 

In der Woche nach der Niederlage des FC Basel gegen die Grasshoppers am 4. Februar 2023 hat sich die sportliche Führung des Clubs entschieden, Vereins-Legende Alex Frei, von seinem Amt als Cheftrainer zu entheben.

Nach 19 Spielen in der Super League stand das Team auf dem 7. von 10 Tabellenplätzen und lediglich 3 Punkte trennte den FCB von dem einzigen Barrage-Platz in dieser Saison. Dieser Zustand entspricht keinesfalls den Erwartungen des FC Basels, welcher sich noch zehn Jahr zuvor für Furore in Europa gesorgt hat, mit jenem Alex Frei als Torjäger.

Nun stellt sich die Frage was von Frei’s halber Saison auf der FCB-Trainerbank bleibt? Hat das Management nicht genug Geduld mit ihrem Coach gehabt? oder war die Aufgabe zu gross für den Trainer?

Dieser Blog versucht diese Fragen mit der Hilfe von öffentlich verfügbaren Statistiken (von fotmob.com) zu beantworten. Dabei sollte gesagt sein, dass die verfügbaren Daten nicht alle Facetten des Fussballs beinhalten, sondern hauptsächlich auf Informationen über die Torabschlüsse beschränkt sind. (Ausserdem sind Zahlen nur eine Möglichkeit der Beurteilung und dient als zusätzliches Hilfsmittel für die persönliche Bewertung).

Zu allererst wollen wir uns den Tabellenstand zum Zeitpunkt der Entlassung anschauen. Anhand der summierten Expected Goals aus den verschiedenen Spielen wurden die Statistiken für Expected Points, Expected Goal Differential und Expected League Position berechnet. 

fig. 1: Die erwartete im Vergleich mit der tatsächlichen Tabelle der Swiss Super League zum Zeitpunkt der Entlassung von Alexander Frei.
Expected Points berechnet nach dem Tutorial von Tony ElHabr: https://tonyelhabr.rbind.io/posts/epl-xpts-simulation-1/

Über den Verlauf der 19 Spiele unter Frei hat der FC Basel mindestens 6 Punkte weniger geholt, als anhand der erspielten und zugelassenen Torchancen zu erwarten wäre. Mit Platz 7 verweilt das Team zwei Plätze hinter den Erwartungen. Nur der FCZ (5 Platzierungen) und Luzern (3 Platzierungen) bleiben noch mehr Plätze hinter den Erwartungen zurück. Doch selbst Platz 5 in der Tabelle wäre weiterhin eine grosse Enttäuschung und entspricht auch nicht den Ansprüchen des FC Basel.

Fest steht also, dass in den 19 Spielen einige Punkte mehr möglich gewesen wären, aber 5 Siege, 7 Unentschieden und 7 Niederlagen sind bei weitem nicht genug. Nun stellt sich noch die Frage: Was sind die Gründe warum der FCB hinter den Erwartungen der Expected Points, der Fans und der sportlichen Leitung bleibt?

Was ist die Ursache der schlechten Ergebnisse?

fig. 2: Differenz der Tore (x-Achse) und Gegentore (y-Achse) zu den Expected Goals.

Die Unterschiede der expected Goals zu den geschossenen Tore zeichnen ein ziemlich deutliches Bild (fig. 2). In Kombination von Offensive und Defensive ist Basel unter dem Liga Durchschnitt und ungefähr auf einer Stufe mit Servette. Dabei sind die defensiven Ergebnisse noch leicht besser als es die Chancen der Gegner vermuten lassen würden (zweitbester Wert nach YB). In der Offensive bleibt die Effektivität allerdings auf Strecke, nach dem FCZ hat das Team die zweitgrösste negative Differenz zwischen erwarteten und tatsächlichen Toren. 

Defensive & Torhüterleistung

Die guten defensiven Leistungen spiegeln sich auch an der Schuss-Karte der Gegner im laufenden Spiel erkennen (fig. 3 links). Die Gegner kommen zwar am häufigsten direkt vor dem Tor zum Schuss, allerdings ist das in dieser Frequenz gewöhnlich. Regelmässig sind die Gegner auch gezwungen eher aus der Ferne abzuschliessen, was ein Zeichen von guter Verteidigungsarbeit ist. Die Abwehrleistungen sähen noch besser aus, wenn nicht mehrere der Fernschüsse auch zu Gegentoren geführt hätten. Der entscheidende Gegentreffer von GC’s Kawabe ist auf der Gegentor-Karte (fig3. rechts) ganz deutlich erkennbar.

fig. 3: Häufigkeiten der Orte der gegnerischen Abschlüsse (links) und Tore (rechts) aus dem laufenden Spiel.

Eine grosses Thema, auch schon bevor Alex Frei den Trainerposten übernahm, war der Sommertransfer von Marwin Hitz und die Ausmusterung Heinz Lindner.

Anhand der Expected Goals on Target (xGoT) kann die Tor-Wahrscheinlichkeit nach einem Schuss durch die Platzierung auf dem Tor festgestellt werden und dient auch als Einschätzung über die Schwierigkeit für den Torhüter das Tor zu verhindern (eine gute, aber keine perfekt Statistik für Torhüter).

Im Vergleich der xGoT mit den Gegentoren hat Marwin Hitz ein paar Tore weniger kassiert als zu erwarten wären und erfüllt somit generell was von ihm zu erwarten ist, aber hat sicherlich auch noch Steigerungspotenzial im Vergleich zu Ati-Zigi, dem wohl aktuell besten Goalie der Super League. Trotz des Fehlers im Spiel gegen GC ist der Torhüter also auch nicht unbedingt für die fehlenden Punkte beim FCB verantwortlich.

Heinz Lindner war letztes Jahr noch besser in dieser Statistik. Nun ist er der Stammtorhüter mit der grössten negativen Differenz und mit den meisten Gegentoren. Die defensiven Qualitätsunterschiede sind sicherlich ein Faktor, da Sion zum Bewertungszeitpunkt nach GC die zweitmeisten expected Goals gegen sich hatte.

fig. 4: Vergleich der Expected Goals von Schüssen aufs Tor mit der Anzahl Gegentore der Super League Torhüter mit den meisten Einsätzen.

Offensive & Effektivität

Die Offensive ist durchaus rätselhaft. Der FCB kommt regelmässig zu Schüssen in zentraler Postion vor dem gegnerischen Tor (aber scheinbar nicht oft genug) und erzielt dort die meisten Tore (siehe fig. 4 Schüsse links, Tore rechts). Trotzdem bleiben bei 131 Schüssen aufs Tor aus dem laufenden Spiel nur 12 Tore übrig, obwohl 19 Tore, bei Schüssen aus den gleichen Positionen, zu erwarten gewesen wären. Schüsse ausserhalb des Sechzehners, welche zu den Markenzeichen der einkehrenden Flügelspieler wie Liam Miller, Darian Males und Dan Ndoye gehört, führen auch nicht zu Torerfolgen, ausser über Nachschüsse im Sechzehner. Einerseits könnte dies mit einer Glückssträhne komplett anders aussehen, aber 7 Tore im laufenden Spiel weniger als erwartet über den Zeitraum von 19 Spielen sind nicht mehr nur auf fehlendes Glück zurückzuführen, sondern ist eine erkennbare Schwäche.

fig. 5: Häufigkeiten der Orte der offensiven Abschlüsse (links) und Tore (rechts) aus dem laufenden Spiel.

Obwohl der Eye-Test (die Bewertung beim zuschauen) etwas anderes vermuten lassen würde sind Standardsituationen wohl auch kein grosser Faktor. Aus 78 Versuchen sind 8 Tore gefallen, bei genauso vielen expected Goals. Hinter Luzern ist Basel somit in beiden Kategorien zweiter.

Ausblick & Fazit

Schlussendlich hat dem FC Basel unter ihrem alten Coach die wohl beste Eigenschaft von Frei als Spieler gefehlt: die Effektivität vor dem gegnerischen Tor. Diese fehlende Effektivität, mit vereinzelt auch zu wenigen gut herausgespielten Chancen, haben zu den schwachen Ergebnissen geführt. Wenige kurze Hochphasen waren nicht genug um die längeren erfolglosen Abschnitte auszugleichen. Eine Positionierung, welche eher den expected Points entspricht (Platz 5) hätte Alex Frei wahrscheinlich mehr Zeit gebracht die Mannschaft weiter zu entwickeln, auch wenn selbst dann nicht sicher gewesen, ob die Saisonziele noch erreicht werden. Das Weiterkommen im Pokal und der Conference League kann man Frei zu Gute halten, auch wenn der direkte Einzug ins Conference League Achtelfinale verpasst wurde und die Pokalspiele selbstverschuldet eng gestaltet wurden.

Als Zusammenfassung von Alex Frei’s Zeit in Basel passen ganz gut die Worte der Fans auf einem Banner beim Spiel gegen Sion: zur falschen Zeit am richtigen Ort, Danke Alex. 

Nun stellt sich die Frage, wie es mit dem FC Basel weiter geht? Der neue Trainer soll bald bekanntgegeben werden und in Conference League und Pokal ist weiterhin alles möglich. In der Liga braucht es einfach mehr Konstanz als unter Alex Frei. Die grossen Hoffnungsträger der letzten Spiele sind das Sturmduo Amdouni (2 Tore, 2 Assists) & Zeqiri (2 Tore). Falls die beiden so weiter machen, wie in den letzten Spielen, dann könnte das dem Team sehr helfen.

fig. 6: Abschlüsse aus dem laufenden Spiel von Andi Zeqiri (links) und Zeki Amdouni (rechts).

Interessant wäre es sicherlich auch zu sehen, wie der Rest des Spiels durch Andy Diouf und Wouter Burger beeinflusst wird, welche mit fehlender Konstanz ihre Fähigkeiten immer wieder aufblitzen lassen. Es bleibt weiter spannend um den FC Basel.


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